Bewegte sich der Bitcoin bis Freitag letzte Woche noch mehr oder weniger stabil um die wichtige Marke von $ 30k, so setzte Freitagnachmittag nach der Veröffentlichung der VPI-Zahlen in den USA ein wahrer Sinkflug ein.
Der Verbraucherpreisindex für urbane Konsumenten (CPI-U) stieg im Mai saisonbereinigt um 1,0 %, nachdem dieser Anstieg im April noch 0,3 % betrug, veröffentlichte das U.S. Bureau of Labor Statistics letzten Freitag. Der Gesamtindex stieg in den letzten 12 Monaten vor Saisonbereinigung um 8,6 %. Der Anstieg betraf viele Lebensbereiche, wobei die Kosten für Wohnkosten, Treibstoff und Lebensmittel den größten Anteil ausmachten. Nach einem Rückgang im April stieg der Energieindex im Laufe des Monats um 3,9 %. Der Treibstoffindex legte 4,1 % zu, und auch die anderen wichtigen Komponentenindizes stiegen an.
Steigende Energiekosten bedeuten im Hinblick auf Kryptowährungen natürlich auch deutlich höhere Kosten für das Mining, das somit für viele Kryptofans uninteressant und deutlich weniger lukrativ wird.
Sollte die US-amerikanische Notenbank zur Bekämpfung der Inflation weiterhin die Zinsen deutlich anheben, könnten Investmentbanken aus dem Kryptobereich zugunsten von weniger riskanten Optionen wie Staatsanleihen und Wertpapieren gelockt werden. Die Werte der meisten virtuellen Währungen würden unter einem Ausverkauf leiden.
Diese Angst führte schlussendlich auch mit Start letzten Freitagnachmittag zu teils dramatischen Einbußen bei den Kryptowährungen. Der Bitcoin verlor über 25 % seines Wertes und liegt aktuell bei $ 22.435 (Stand Dienstagnachmittag MESZ). Zeitweise betrug der Kurs sogar nur noch etwas unter $ 21.000, bevor er sich wieder etwas erholte. Dies war der niedrigste Kurs seit über eineinhalb Jahre.
Vom bisherigen Rekordhoch von knapp EUR 69k im November letzten Jahres ist die nach Marktkapitalisierung größte Kryptowährung also meilenweit entfernt; seitdem wurden 2/3 des Marktwertes quasi vernichtet.
Nicht viel besser erging es den Kursen anderer Kryptoassets – die Nummer 2 am Markt, Ether, lag zeitweise bei nur noch $ 1.080 und damit auf dem niedrigsten Stand seit Anfang des Jahres 2021.
Der Gesamtwert aller ca. 19.800 Digitalwährungen beläuft sich aktuell laut dem Portal Coinmarketcap nur noch auf etwa $ 950 Mrd.; noch vor 6 Monaten war die Marktkapitalisierung circa drei Mal so hoch.
Für zusätzliche schlechte Stimmung bei Kryptoanlegern außerdem Nachrichten, wonach der bekannte Krypto-Kreditgeber Celsius Network aufgrund der „extremen Marktbedingungen“ vorläufig seinen Kunden keine Auszahlungen und Überweisungen zwischen Konten mehr erlaubt. Das bedeutet de facto, das Kunden von Celsius derzeit keinen Zugriff auf Ihre Gelder haben. Celsius Network zählt zu den sogenannten „Defi“-Anbietern, also dezentralen Finanzdienstleistern. Dabei werden Transaktionen mithilfe der Blockchain abgewickelt, traditionelle Protagonisten am Kapitalmarkt wie die großen Banken sind hingegen nicht beteiligt.
Auch andere Player im Kryptobereich sind von den derzeitigen Entwicklungen natürlich betroffen, unter anderem auch eine der bedeutendsten Kryptobörsen, nämlich Coinbase. Das Unternehmen kündigte an, aufgrund der aktuellen Marktsituation und notwendiger geschäftlicher Priorisierungen den bis auf weiteres geltenden Aufnahmestopp für neue Mitarbeiter zu verlängern. Aktuell würden keine neuen Mitarbeiter mehr eingestellt, und auch frei werdende Positionen würden nicht mehr nachbesetzt. Darüber hinaus würde auch bereits gegebene Stellenzusagen widerrufen.
Dass diese Ankündigungen für Proteste sorgen würden, war anzunehmen. Einige Betroffene meinten zum Beispiel, dass Sie ihre vorherige Stelle gekündigt hätten, um bei Coinbase ihre Arbeit aufnehmen zu können und nun arbeitslos seien, da die Stellenzusage widerrufen wurde.
Diese Vorgangsweise von Coinbase dürfte auch intern für deutliche Spannungen gesorgt haben. So wurde von einigen Mitarbeitern von Coinbase eine Online-Petition gestartet. Darin forderten sie zahlreiche Coinbase-Manager auf, zurückzutreten, da das Vertrauen nachhaltig beschädigt sei.
Kritik wird jedoch nicht nur an den aktuellen Entscheidungen geübt; vielmehr werden die Mitarbeiter ihrem Brötchengeber auch vor, gewisse Produkte bevorzugt behandelt und dafür andere wichtige Investitionen wie zum Beispiel die Infrastruktur vernachlässigt zu haben. Scharfe Kritik gab es auch am Start der eigenen NFT-Plattform von Coinbase, der zu einem Flop geriet. Außerdem sei die Unternehmenskultur geschädigt worden aufgrund von neuen Methoden zur Messung der Arbeitsleistung sowie neuer Anreizsystem. Auch die bisher aggressive Rekrutierungspolitik wurde kritisch erwähnt, da es so zu unzähligen Neueinstellungen gekommen sei, was jedoch wegen der inhärenten Volatilität der Kryptobranche von Beginn an nicht zielführend gewesen sei.
Der Vorstandsvorsitzende von Coinbase, Brian Armstrong, reagierte – wie er es schon häufiger getan hatte – per Twitter auf die Anschuldigungen. Er bezeichnete die aktuellen von den Mitarbeitern organisierten Vorgänge als „auf mehreren Ebenen dumm“. Sinngemäß fragte er die MitarbeiterInnen, warum sie ihn nicht direkt involviert hätten, da er ja an der Spitze von Coinbase stehe.
Außerdem meinte er, dass es jedem Mitarbeiter frei stehe, bei Coinbase zu kündigen und sich ein Unternehmen zu suchen, in das man mehr Vertrauen hat.
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